Warum und wann in Deutschland das Bürgergeld endet und die neue Grundsicherung kommt

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In Deutschland steht das Bürgergeld vor dem Aus. Nach nur drei Jahren soll die Leistung durch eine neue Grundsicherung abgelöst werden, die deutlich strengere Regeln vorsieht. Das Bundeskabinett hat einen entsprechenden Gesetzentwurf von Arbeitsministerin Bärbel Bas beschlossen. Für Millionen Leistungsbeziehende bedeutet das spürbare Veränderungen im Alltag. Besonders Sanktionen und Pflichten rücken stärker in den Fokus der Reform, die monrose.de berichtet mit rhein-zeitung.de.

Nach Angaben der Bundesregierung sind rund 5,3 Millionen Menschen aktuell auf Bürgergeld angewiesen. Für sie sollen ab Juli 2026 neue Maßstäbe gelten, die stärker auf Kontrolle und Mitwirkung setzen. Die Reform ist politisch umstritten und stößt auf erheblichen Widerstand, vor allem innerhalb der SPD. Dennoch treiben Union und SPD die Neuausrichtung gemeinsam voran.

Beschluss im Bundeskabinett und politischer Hintergrund

Mit dem Kabinettsbeschluss ist der erste formale Schritt zur Abschaffung des Bürgergelds getan. Der Name selbst soll nach dem Willen der Union vollständig verschwinden. Stattdessen soll die neue Leistung unter der Bezeichnung Grundsicherung eingeführt werden. Bevor das Gesetz in Kraft tritt, stehen jedoch noch Beratungen im Bundestag und im Bundesrat an.

Dabei gilt es als wahrscheinlich, dass es noch zu Änderungen kommt. Bereits im Vorfeld gab es Konflikte innerhalb der Bundesregierung. Vor allem das Wirtschafts- und das Innenministerium äußerten Bedenken zu einzelnen Punkten der Reform. Auch an der Basis der SPD regt sich massiver Widerstand gegen die geplanten Verschärfungen.

Warum die neue Grundsicherung strenger ausfällt

Ziel der Reform ist es nach Aussage der Bundesregierung, arbeitsfähige Menschen schneller wieder in Beschäftigung zu bringen. Das Leitmotiv lautet dabei „Fördern und Fordern“. Unterstützung soll es weiterhin geben, allerdings nur bei aktiver Mitwirkung der Leistungsbeziehenden. Wer sich verweigert oder Termine ignoriert, muss künftig schneller mit Konsequenzen rechnen.

Bundeskanzler Friedrich Merz betonte, dass Arbeit sich wieder stärker lohnen müsse. Gleichzeitig solle der Sozialstaat gezielt denen helfen, die ihn wirklich brauchen. Kritiker sehen darin jedoch eine Abkehr vom bisherigen Ansatz des Bürgergelds. Sie warnen vor wachsendem Druck auf sozial schwache Gruppen.

Neue Sanktionen und mögliche Leistungskürzungen

Ein zentraler Punkt der Reform sind verschärfte Sanktionen. Künftig soll die Grundsicherung bei Pflichtverletzungen sofort um 30 Prozent gekürzt werden. Das betrifft etwa Fälle, in denen keine Bewerbungen geschrieben oder Fördermaßnahmen abgelehnt werden. Für Betroffene bedeutet das monatlich rund 150 Euro weniger.

Besonders umstritten ist der geplante Komplettentzug der Leistung. Wer dreimal unentschuldigt Termine im Jobcenter versäumt, soll künftig keinen Anspruch mehr auf Zahlungen haben. Auch die Übernahme der Wohnkosten kann dann entfallen. Vor einem solchen Schritt müssen die Behörden jedoch eine persönliche Anhörung ermöglichen.

Erreichbarkeit und Schutz für besonders Betroffene

Ein weiterer Schwerpunkt der Reform ist die Erreichbarkeit der Leistungsbeziehenden. Wer für das Jobcenter nicht erreichbar ist, riskiert künftig den vollständigen Verlust der Grundsicherung. Damit soll verhindert werden, dass Sanktionen durch bloßes Abtauchen umgangen werden. Diese Regelung war innerhalb der Regierung besonders umstritten.

Gleichzeitig sieht der Gesetzentwurf Ausnahmen vor. Menschen mit psychischen Erkrankungen sollen vor einem vollständigen Leistungsentzug geschützt werden. Die Behörden sind verpflichtet, die individuelle Situation zu prüfen. Kritiker bezweifeln jedoch, dass dies in der Praxis immer ausreichend geschehen wird.

Vermögen, Unterkunftskosten und neue Prioritäten

Auch beim Thema Vermögen bringt die Reform Veränderungen. Die bisherige feste Karenzzeit, in der eigenes Vermögen geschont wird, soll entfallen. Künftig müssen Einkommen und Vermögen schneller eingesetzt werden, bevor staatliche Unterstützung greift. Die Höhe des Schonvermögens richtet sich dann stärker nach dem Lebensalter.

Bei den Kosten der Unterkunft sollen nur noch begrenzte Beträge anerkannt werden. Gleichzeitig bleibt die Vermittlung in Arbeit das oberste Ziel der Jobcenter. Weiterbildungen sollen nur dann Vorrang haben, wenn sie realistische Chancen auf eine Anstellung bieten. Alle Maßnahmen sollen in einem gemeinsamen Kooperationsplan festgehalten werden.

Kaum Einsparungen, aber viel Kritik

Trotz der härteren Regeln rechnet die Bundesregierung nur mit geringen Einsparungen. Für das Jahr 2026 werden Einsparungen von rund 86 Millionen Euro erwartet, in den Folgejahren sogar leichte Mehrkosten. Damit bleiben die finanziellen Effekte deutlich hinter den ursprünglichen Erwartungen zurück.

Sozialverbände, Gewerkschaften sowie Linke und Grüne lehnen die Reform entschieden ab. Sie warnen vor zunehmenden sozialen Härten und einem höheren Risiko von Wohnungslosigkeit. Auch der zusätzliche bürokratische Aufwand für die Jobcenter wird kritisch gesehen. Die Debatte um die neue Grundsicherung dürfte Deutschland daher noch lange beschäftigen.